Am THG wird Wolfenbütteler Geschichte lebendig
Vortrag von Dieter Kertscher zum Schuljubiläum im Rahmen der Ausstellung „Demokratie als Lebensform“
Bei schönstem Sommerwetter fanden sich am Sonntagnachmittag zahlreiche Interessierte in der angenehm kühlen Aula des Theodor-Heuss-Gymnasiums ein. Ehemalige hatten z.T. weite Wege auf sich genommen. Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte besuchten mit ihren Familien die Wanderausstellung über Theodor Heuss und Elly Heuss-Knapp und die Freude war groß darüber, dass Herr Meyer als ehemaliger Direktor des THG nicht nur auf einigen Fotos, sondern auch in Person zugegen war.
Dieter Kertscher hatte umfangreiches Bildmaterial aufgearbeitet und es gelang ihm gut, die Anwesenden in die Zeit des Umzugs des Theodor-Heuss-Gymnasiums vom Schloss in die Karl-von-Hörsten-Straße im Jahr 1962 mitzunehmen.
Das neue Gymnasium inmitten des Wohngebietes an der „Weißen Schanze“ sei damals als modernes Unterrichtsgebäude ein echter Befreiungsschlag gewesen. Der Vortragende entführte in die Geschichte, die sich seinerzeit in Wolfenbüttel abgespielt hat: Kuba, Welger, Jägermeister waren damals Firmen von Weltruf, der Basketballsport, der zum Teil auch an dieser Schule seinen Anfang genommen hat, wurde zu einem weiteren Aushängeschild der Lessingstadt. Staunend verfolgten die Zuhörenden die kenntnisreichen Ausführungen zur einstigen Festung rund um das welfische Schloss und die Heinrich- und Auguststadt, deren Gewölbebogen direkt hinter der Schulhofmauer zur Zeit des Auszugs aus dem Schloss noch unentdeckt waren.
Passend zum Titel der Wanderausstellung „Demokratie als Lebensform“ der Theodor-Heuss-Stiftung in Stuttgart verknüpfte Dieter Kertscher die „68er“ mit seinen Oberstufenjahren am THG. Die junge Schülergeneration äußerte ihre Meinung in eigens herausgebrachten Zeitschriften. Ein fortschrittlich eingestellter Lehrer hatte die Schule verlassen, der Wortführer der Schülerschaft war nur haarscharf einem Verweis von der Schule entgangen. Was überall in Westdeutschland über die Bühne gegangen ist, in Wolfenbüttel und am THG verlief alles – im Kleinen - genauso ab. Was für ein Wandel seitdem stattgefunden habe, bemerkte auch Nele Marken, die Schülersprecherin des THG. Dass die Schülervertretung z. B. Diskussionen zu Meinungs- und Pressefreiheit und Projekttage zu Meinungsfreiheit und Streitkultur gemeinsam mit der Lehrerschaft und der Schulleitung organisiert, wäre am THG damals nicht denkbar gewesen.
Nicht fehlen durfte bei dieser sonntäglichen Sonderveranstaltung auch der Holzbär und der dazugehörige Briefwechsel zwischen dem Bundespräsidenten Theodor Heuss und dem THG.
Der damalige Bundespräsident hatte seine Zustimmung zur Verwendung seines Namens für die neue Schule in der Karl-von-Hörsten-Straße gegeben. Grund genug, sich artig für diese Bereitschaft zu bedanken. Eine Schüler-Arbeit aus dem Werkunterricht sollte nach der Vorstellung der Schulleitung das entsprechende Geschenk sein.
Dem damaligen Neuntklässler Dieter Kertscher war die Erstellung eines Holzbären gut gelungen. Doch der Schüler wollte sein Werkstück behalten. „Dann stellen wir dich vom Unterricht frei und bitten dich, einen zweiten Bären zu schaffen“, so Oberstudiendirektor Dr. Kükelhahn seinerzeit. Gesagt, getan… diese (zweite) Holzskulptur trat den Weg nach Stuttgart an – der Bundespräsident bedankte sich herzlich bei dem jungen Künstler für das gelungene Kunstwerk. Das Bildgeschenk aus Stuttgart und natürlich „Holzbär Nummer 1“ zeigte der Vortragende stolz in die in der Aula versammelte Runde.
Dieser Holzbär war der Ausgangs- und Endpunkt für einen sehr kurzweiligen, detailreichen und mit zahlreichen Bildern und Anekdoten gespickten Spaziergang durch die Schulzeit des ehemaligen Schülers am THG. Während einige Gäste die Pause zwischen den beiden Vorträgen für eine längere Kaffeepause nutzten, nahm Koordinatorin Ana Lena Hillmer eine größere Gruppe auf einen Schulrundgang mit, bei dem weitere Erinnerungen und aktuelle Informationen ausgetauscht und einige Bilder geschossen wurden.
Zweimal 45 Minuten lebendigsten Geschichtsunterrichts wurden von den Zuhörern mit Applaus bedacht. Ana Lena Hillmer bedankte sich im Namen der Schulleitung bei Dieter Kertscher mit einer Flasche erlesenen Weines, den Bundespräsident Theodor Heuss seinerzeit am liebsten getrunken haben soll.