Eine Abgeordnete des Europa-Parlaments besucht das THG
Um 10:55 Uhr kam die Abgeordnete im Europäischen Parlament Godelieve Quisthoudt-Rowohl in den Raum 201 des THG. Einige meiner Mitschüler hatten sich vorher bereit erklärt, Fotos von den anderen Schülern und vor allem der Politikerin der CDU/ EVP zu machen. Also fühlten wir uns wie in einer echten Interview-Runde.
Gleich zu Beginn stellte sich Frau Quisthoudt-Rowohl vor. Sie ist 70 Jahre alt, hat vier Kinder und ist verwitwet. Ursprünglich kommt sie aus Belgien, doch hat sie sich kurz nach ihrem Forschungs-Stipendium, welches sie in Deutschland bekommen hatte, dafür entschieden, hier zu bleiben.
Nach dieser kurzen Vorstellung kamen auch schon die ersten Fragen, die wir zuvor im Unterricht ausgearbeitet hatten.
Zu einer Frage zur Entwicklung der Parteien in der EU sagte die Abgeordnete stolz, dass das Europa-Parlament (EP) politischer geworden ist. Als sie in die Politik einstieg, war es teilweise oft sehr leicht, Abstimmungen durchzuführen, da sich die Parteien im EP in ihren Vorhaben nicht wirklich unterschieden. Heute sei das anders, es gebe lebhafte Debatten.
Doch es gebe auch Dinge, die sich im Parlament und allgemein in der Politik verschlechtert haben. Sie sagte, dass sie es nicht gut fände, dass das Parlament nationaler geworden ist. Als Beispiel für eine stärkere Betonung des Nationalen nannte sie den Brexit. Für sie ist der Brexit einfach eine „loose-loose-Situation“. Ihrer Meinung nach hat der Brexit die Nationen der EU jedoch auch aufgeweckt und noch mehr zusammengeschweißt.
Dann fing sie an, über frühere Zeiten zu sprechen, und meinte, dass damals noch viel mehr als heute Idealismus und neue Ideen in den Köpfen der EU-Bürger umhergeisterten. Frau Quisthoudt-Rowohl bedauert, dass sich die jungen Menschen mit dem Glück, in Frieden zu leben, so sehr vertraut gemacht haben, dass sie ein Leben im Krieg als EU-Bürger für ausgeschlossen halten. Daher kommt nach ihrer Meinung auch teilweise das aktuelle Desinteresse an der Europäischen Union. Sie rief dazu auf, bei jeder politischen Angelegenheit auch selbst Stellung zu nehmen und nicht alles auf die Politiker zu schieben.
Doch auch sie sieht einen veränderten Blick auf die aktive Teilhabe am politischen Geschehen von Seiten der Gesellschaft. Gründe dafür sind ihrer Meinung nach Vorkommnisse der jüngeren Vergangenheit, wie z.B. die Wahl von Donald Trump in den USA oder der Austritt der Briten aus der EU.
Später wurde die Abgeordnete gefragt: „Was ist das Beste an ihrem Job?“ Daraufhin antwortete Frau Quisthoudt-Rowohl, ihr gefalle sehr, dass es viele Sprachen gibt, die man im Europa-Parlament können muss. Im EP und allgemein in der Europa-Politik gehe es sehr chaotisch und „multi-kulti“ zu, wie sie mit einem Lachen erklärte.
Die Zuhörer fragten die Politikerin auch zu ihrer Meinung über die kommenden Schwierigkeiten im Handel mit den USA. Daraufhin antwortete sie ganz knapp, dass alles, was den Handel hemmt, schlecht für Deutschland ist. In diesem Zusammenhang bekundete sie auch ihre Sympathie für das Handelsabkommen TTIP. Außerdem äußerte sie sich auch zu der Person Trump. Ihrer Meinung nach ist er unvorhersehbar und nicht gut für die Welt. Sie hat jedoch die Hoffnung aufgegeben, dass er noch vor dem Ende seiner Amtszeit aus seinem Amt als Präsident entfernt wird.
Als nächstes kam eine Frage zum Thema Flüchtlings-Politik. Nach Meinung der Abgeordneten sollte der Westen die ärmeren Staaten unterstützen. Außerdem ist sie für den Vorschlag, dass die EU-Länder, die mehr Flüchtlinge aufnehmen, auch mehr Geld dafür bekommen. So wie es aussieht, laut Frau Quisthoudt-Rowohl, sollte eine solche Lösung wohl auch im Parlament durchkommen. Kurz vor dem Ende der Veranstaltung kam noch eine letzte Frage zum Thema Umwelt. Hierbei wurde zu Alternativen zu Dieselfahrzeugen, also nach Elektro-Autos, gefragt. Die flächendeckende Einführung von E-Autos sieht die Politikerin eher kritisch.
Zum Abschluss richtete sie noch einen Appell an ihre jungen Zuhörer und hob hervor, dass wir uns nicht unser freies Denken und unser Recht auf Demokratie nehmen lassen sollen.
Ein Bericht von Johanna Glucht