THGler erleben Schüleraustausch mit Südafrika
Begegnungen mit einer neuen Kultur
Zwölf junge Leute aus dem Jahrgang 11 und ihre beiden Lehrerinnen verbrachten besondere Osterferien in Port Elizabeth in Südafrika. Für die Gruppe des Theodor-Heuss-Gymnasiums ging es über eine lange Anreise mit Stationen in Hannover, London und Johannesburg zur Victoria Park High School, wo sie vor Ort von ihren „hosts“ schon sehnsüchtig erwartet wurden.
Nach erstem Ankommen in den Gastfamilien und dem ersten Schultag ging es in das Waisenhaus InnSafeHands, das vom THG schon seit Jahren unterstützt wird. Die jungen Deutschen hatten mit Spielen, Tuschkästen und mancher Überraschung mehr einiges im Gepäck, was vor Ort dringend benötigt wird. Im Vorfeld waren in der Schule einige Aktionen gestartet worden, um auch finanziell wieder etwas unterstützen zu können mit Geld für z.B. Mobiliar und kleine Umbauten. Beim gemeinsamen Malen, Spielen und Toben entstand ein Gefühl für das Leben dieser benachteiligten Kinder.
Das erste Wochenende in den Gastfamilien stand danach an. Ein Schüler durfte dabei allerings in den Genuss einer in diesem Fall nicht so angenehmen „Full African Experience“ kommen.
Tom und Jasper waren zusammen mit ihren Gasteltern auf einem kleinen Spaziergang auf dem küstennahen und landschaftlich großartigen Sacramento Trail unter der Führung von einem Einheimischen unterwegs. Der Spaziergang verlief dabei ohne bemerkenswerte Vorkommnisse. Jedoch wurde am Ende des Spazierganges Jasper von einer Puffotter (Bitis arietans), einer giftigen Schlange von der Gattung der Vipern, am rechten Knöchel gebissen. Der Biss war glücklicherweise nur ein Trockenbiss, was bedeutet, dass die Schlange nur wenig Gift verwendete. Jasper musste daraufhin trotzdem zwei Nächte in einem Krankenhaus verbringen.
Der Rest der deutschen Truppe machte sich am Ende des ersten Wochenendes ohne ihre Hosts auf den Weg zur Gardenroute nach Knysna. Der insgesamt 3 Tage dauernde Trip wurde von 2 Guides begleitet, welche unter anderem die zwei Busse fuhren.
Auf dem Weg gab es zunächst einen Fotostopp in Jeffrey‘s Bay Beach. Sand unter Ihren Füßen spüren, Muscheln sammeln, Wind und Wetter genießen, das gefiel allen.
Ein Besuch der Bloukrans Bridge, einer freien Bogenbrücke mit einer Spannweite von 272 Metern, berühmt für den höchsten kommerziellen Bungee Jump der Welt, durfte hier nicht fehlen. Nach der Beobachtung eines Sprunges ging es weiter über Plettenberg Bay zum Besuch bei Vögeln und Affen in privaten Tierreservaten bis zum Tagesziel Knysna mit Essen und Sonnenuntergang im Hafen.
Am Folgetag standen zuerst die Knysna Heads auf dem Programm. ‘The Heads‘ sind Sandsteinformationen, die eine enge Zufahrt zwischen der Lagune und dem Indischen Ozean bilden, gefolgt von einem weiteren Aussichtspunkt mit einem beeindruckenden Blick auf den Küstenabschnitt der Garden Route am indischen Ozean von Südafrika.
Von dort ging es dann abwärts, unter die Erde, hinein in die ‘Cango Caves‘. Diese gehören zu den größten und ausgedehntesten Tropfsteinhöhlensystemen der Welt. In der Cango Wildlife Ranch folgten ganz nahe Blicke in das Gesicht eines weißen Ligers und anderer Tiere Südafrikas.
Ein weiteres Highlight der Tour war sicherlich die Treckertour auf der ‘Safari Ostrich Farm‘ in Oudtshoorn. Scheinbar ausgehungerte Straußen begleiteten und „verfolgten“ den offenen Wagen Das Füttern und Streicheln der größten lebenden Vögel der Welt erforderte schon einiges an Mut. Heiterkeit und ein hoher Adrenalinspiegel sorgten jedenfalls für ausgelassene Stimmung.
Den touristischen Attraktionen folgten auch einige Tage in der Partnerschule, als zuhause schon lange Osterferien waren. Das Schulsystem in Südafrika unterscheidet sich stark von dem, was die Austauschgruppe aus Wolfenbüttel kennt. Die Schüler*innen in Südafrika müssen zum Beispiel für ihre Bildung jeden Monat Geld bezahlen. Außerdem wird Schuluniform getragen. Daran schließen sich auch einige Regeln bezüglich der Frisur, Piercings und der Bärte an. Bei einem Bart bekommt man zum Beispiel einen Rasierer in die Hand gedrückt, muss fünf Rand zahlen (etwa 25 Cent) und in den Waschraum gehen, um sich zu rasieren.
Die Austauschgruppe durfte auch an einer der regelmäßig stattfindenden Versammlungen (Assembly) der Victoria Park High School teilnehmen und dort vor mehr als tausend Schüler*innen ein kleines Quiz mit Fragen zu Deutschland anleiten.
Dann waren auch in Port Elizabeth endlich Ferien und die Gastschüler verbrachten das Wochenende größtenteils mit ihren Gastfamilien. Während einige das großeFußballturnier der Schule besuchten, fuhr Jannis schon am Freitagnachmittag mit seiner Gastfamilie in die Region Bavianskloof zum Campen.
Bavianskloof ist eine Region, die von dem Fluss Bavianskloof, der in schmale Täler und Schluchten genug Wasser für große Tier- und Pflanzenvielfalt bringt, geprägt ist.
Jannis übernachtete eine Nacht in einer kleinen Holzhütte und in der anderen Nacht in einem Zelt. Die Hütte war direkt neben einem Orangenfeld gelegen, ohne Internetempfang. Nachts konnte man Paviane hören und begrüßt wurde die Familie von einer ansehnlichen großen Spinne in der Dusche. Zwar war eine kleine Küche vorhanden, dennoch bereitete die Familie das Essen über dem offenen Feuer zu, da das „Loadshedding“, also der geplante Stromausfall, oft unerwartet über die Familie hereinbrach.
Am Samstag begab sich die Gruppe dann auf eine Schwimm- und Klettertour in einen nahegelegenen Schluchtlauf. Zahlreiche Wasserfälle und 10 natürliche Wasserpools erwarteten sie. Die Mission war natürlich, bis zum 10. Pool zu gelangen, jedoch erwies sich das schwieriger als gedacht. Die Gastmutter Mary musste schon nach dem dritten Pool die Reise aufgeben, da der Felsanstieg für sie nicht kletterbar war. Sophie, Jannis und der Vater Wade kletterten und schwammen weiter Richtung Pool 10, doch auch sie schafften es nicht. Sophie und Jannis mussten sich wegen drohender Unterkühlung kurz vor Pool 8 geschlagen geben. Wade schaffte es bis zum 8. Pool, doch dann musste auch er umkehren.
Wie die weiteren Pools aussehen, weiß keiner der Gruppe, sodass Jannis hofft, nach Südafrika zurückzukehren, um das Ganze mit der Familie noch einmal zu versuchen.
Die Eindrücke, die die Gäste in ihren Familien erlebten waren so vielfältig wie die Familien selbst. Neben den schönen Gegenden der Stadt gab es natürlich auch die bekannten Townships. Bei einem kurzen Besuch bei den Großeltern ihres Hosts, durfte eine der Austauschschülerinnen das Leben in einem Township miterleben.
In dem von Armut gezeichneten Stadtteil gab es kaum richtige Läden und lebensnotwendige Dinge zu kaufen, war schwierig.
Die Straßen waren vollgestellt mit Containern, die den unterschiedlichsten Zwecken dienten. Ob Barber Shops, Salons, Kosmetikstudios, Corner Shops oder "Abtreibungskliniken“ (geworben wurde für ‚safe abortions‘), es war alles vorhanden und wurde von den Menschen des dicht besiedelten Viertels auch genutzt.
"You're the only white person in this township right now." Dieser Satz ihres Gastvaters brachte sie dazu, zu realisieren welche Lebenswirklichkeiten das seit 1992 abgeschaffte System der Apartheid immer noch mit sich bringt. Der Besuch des Townships wurde als bewegend und aufwühlend erlebt.
Für die letzte Woche des Austausches standen viele Freizeitaktivitäten zusammen mit den Gastschülern an. Bei einem gemeinsamen Ausritt über steile Hügel und zwischen dornigen Büschen hindurch konnten sowohl bereits erfahrene Reiter als auch Anfänger teilnehmen. Von den ‚Heavenly Stables‘ ging es zum Kragga Kamma Game Park, zu Zebras, Springböcken, Nashörner und Löwen. Das Highlight des Tages waren jedoch 8 Giraffen zusammen beim Futter, die dort aus kurzer Distanz beobachtet werden konnten.
Doch das Ganze wurde am nächsten Tag noch einmal getoppt. Im Reservat Bellevue Forest ging es in offenen Safari Trucks mit Rangern an Springböcken vorbei in die Wildnis. Dort wurde der Name der Attraktion "Walking with Giraffes" zur Wirklichkeit. Bis auf einige Meter ging es zusammen mit den Rangern an die Giraffen heran. Die Tiere blieben ruhig und futterten weiter, sogar ein dreiwöchiges Jungtier ließ sich nicht ablenken. Absolut begeistert verließ die Gruppe das Schutzgebiet wieder.
Zurück in Port Elizabeth stand die „Sanccob „Pinguinrettungsstation auf dem Programm. In einer informativen Führung ging es um die häufig mit Öl verschmierten geretteten Pinguine und deren Bedürfnisse auf dem Weg bis zurück in die Freiheit.
Als Theodor-Heuss-Gymnasium entschied die Gruppe, einen Pinguin zu adoptieren und taufte diesen Theodor. Ein weiterer Pinguin wurde von Schülern privat adoptiert und Noel genannt.
Nach dem Abenteuer Ziplining im Adrenalin Addo Adventure Park besuchte die Gruppe den Addo-Elefanten-Nationalpark. Das riesige Reservat durchfuhren sie über mehrere Stunden. Dabei sahen sie jede Menge Elefanten und andere Wildtiere der Steppenlandschaft, die sich nicht von Autos oder Menschen stören ließen. Der Tag war ein Erlebnis, den keiner der Teilnehmer so schnell vergessen wird.
Eine Historische Tour durch „PE“ (gebräuchliche Abkürzung für Port Elizabeth) schickte die Schülerinnen und Schüler auf die ‘Route 67‘, eine farbenfrohe Kunstaustellung zur Geschichte Südafrikas. Eine lebensgroße Abbildung Nelson Mandelas und die Pyramide zu Ehren Elizabeths, nach welcher die Stadt ‚Port Elizabeth‘ benannt wurde, waren besondere Attraktionen auf der Route.
Eine gemeinsame vierstündige Bootstour durch die Algoa Bay, die Port Elizabeth umgibt, führte am nächsten Tag zu den Felseninseln „Brenton Island“ und „St. Croix Island“, einer Pinguininsel. Die Algoa Bay ist weltweit bekannt, weil dort mehr als 20.000 Delfine leben. Die Schüler und ihre Hosts konnten dort mehrere Delfinherden sehen und haben einiges über sie gelernt. Außer den Delfinen, die springend die Boote begleiteten, konnte die Gruppe noch weitere Tiere, wie z.B. Pinguine, Robben, Wale und Hammerhaie in ihrem natürlichen Lebensraum entdecken. Der Ausflug war ein unvergesslicher Höhepunkt zum Abschluss des Austausches, den niemand so schnell vergessen wird. Zudem hat der Appell zu dem wichtigen Thema „Die Menschen und deren immenser Einfluss auf die Umwelt“ die Schüler nochmal zum Nachdenken angeregt.
Die Abschiedsparty im „Deutschen Klub“ in Port Elizabeth (1949 von deutschen Auswanderern gegründet und von bayrischer Kultur dominiert) bot ein komfortables Ambiente für lokale Spezialitäten beim gemeinsamen Feiern. Der Abschied nach einer intensiven Zeit fiel schwer. Die Vorfreude aber ist jetzt schon da auf den Gegenbesuch der neuen Freunde aus Südafrika Ende Dezember, bei dem einige Südafrikaner erstmalig Frost und Schnee erleben könnten.